8. Die jfuwelen des Meeres. von Eudwig staby.
Aus Natur und Leben. Berlin o. J. 8. 157.
on Diamanten und Perlen singt das Volkslied, wenn es
von großem Reichtum und fabelhaften Schätzen Kunde
gibt, und in der Tat können durch keine anderen Worte
die Pracht und der Luxus besser wiedergegeben werden;
begreift man doch unter Diamanten und Perlen funkelnde,
blendende, schimmernde Kleinodien von seltener Schön-
heit und ungeheurem Werte, viel edler, herrlicher und
kostbarer als Gold und alles Edelmetall. Wer hätte nicht schon wenigstens
in den Schaufenstern der Juweliere neben den blitzenden, funkelnden Edel-
steinen die silberglänzenden, sanftes Licht ausstrahlenden Perlen bewundert,
die zu prächtigen Schnüren und Ketten aneinandergereiht sind oder diamanten-
besetzte Agraffen und Diademe krönen.
Woher stammt nun dieser vielbegehrte Schmuck? Seit uralten Zeiten
hat sich die Menschheit mit dieser Frage beschäftigt und die wunderbarsten
Erklärungen ersonnen. Nach der einen Sage sind die Kleinodien Tau-
oder Regentropfen, die in warmen Sommernächten vom Himmel fallen und,
von einer Muschel aufbewahrt, zu Perlen werden; oder es sind, wie Rückert
in einem Gedicht lieblich sagt, Tränentropfen, von Engeln geweint, die,
der Muschel als Schatz anvertraut, in ihrem Schoße zu Perlen werden.
In Wirklichkeit sind sie das Geschenk eines Wassertieres, und zwar eines
sonst wenig von den Menschen beachteten Tieres, einer trügen Muschel.
Die Hauptlieferantin ist die echte Seeperlmuschel, deren Schalen von
blättrigem Bau bald dick, bald dünner sind und immer einen schönen
Perlmutterglanz haben. Die Länge der Schalen ist verschieden, sie schwankt
zwischen fünf und zehn Zentimeter.
Die wichtige Muschel ist über einen großen Teil unserer Weltmeere
verbreitet; sie kommt sowohl im Meerbusen von Panama und Mexiko und
an der kalifornischen Küste als auch im Großen Ozean, im Roten Meer,
im Persischen Golf wie an den Küsten der Insel Ceylon vor. Sie lebt
meist in einer Tiefe von 5 bis 20 Meter in größerer Anzahl vereinigt, auf
Bänken steinigen oder korallenen Grundes mit ihren festen Byssusfäden
angeheftet. Bei ihrem großen Verbreitungsgebiete ist es selbstverständlich,
daß sie nicht überall gleich, sondern je nach der Beschaffenheit des Wohn-
gebietes Verschiedenheiten in Farbe, Größe und Dicke ihrer Schalen zeigt.
Allüberall aber wird den Muscheln eifrig nachgestellt, um ihren kostbaren
Inhalt zu gewinnen. Die Perlen sitzen in den Tieren nahe der inneren
Fläche der Schalen oder im Mantel der Muschel selbst, und zwar sollen
in den Muskelteilen des Mantels die besten Perlen sich befinden.
Die Perlen entstehen dadurch, daß kleine Körnchen, Sand, Steinchen
oder in sehr vielen Fällen kleine Stückchen der Schalen in das Innere der
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Panama Mexiko Ceylon Steinchen
484 £57 £5-?<V7£57£57£57£57v7<S7v7<D7€2/1 €24<S7<S7s7<S7£57<^?£57£57
viele Kilometer langen, 20, 30 und mehr Meter hohen grünlich schimmern-
den Wänden brachen diese Eisströme im Meere ab, und die Brandung
löste unablässig Schollen von ihnen los, die aufschäumend ins Meer
stürzten, um als schwimmende Eisinseln fortgetrieben zu werden.
Hier und dort öffnen sich tiefe Fjorde in das Innere des Landes.
Läuft das Schiff in diese ein, so umgibt uns die weite, eisstrahlende
Herrlichkeit in einem silberschimmernden Rund, und betreten wir die Küste
dieses herrenlosen Landes und wandern ein wenig landein, so ergreift
uns der seltsame Zauber einer weltabgeschiedenen Einsamkeit mit einer
Macht, wie wir sie in unserm eigenen Erdteil nicht kennen lernen können.
Kein Laut umgibt uns, als vielleicht das ferne Rauschen eines Gletscher-
baches oder das Pfeifen einer Möwe, die ihr Nest zwischen dem moosigen
Geröll hat. Wir fühlen es, daß der Mensch hier nicht hergehört, daß
sein Reich hier zu Ende ist.
Und doch finden wir heute in Spitzbergen menschliche Wohnungen,
wenn es auch keine dauernden sind. In einer Bucht des Eisfjords, des
größten und schönsten aller spitzbergischen Fjorde, ist seit mehreren Jahren
von einer Dampfergesellschaft eines jener transportablen norwegischen
Häuser erbaut worden, das als eine Art Hotel während des Juli und
August dem Touristenbesuch offen steht. Je einmal in der Woche trifft
der Dampfer von Hammerfest ein und bringt Lebensmittel und neue
Passagiere herüber.
Nicht immer ist das Wetter so klar, wie ich es jenen ersten Tag
sah; Nebel und Schneestürme fallen auch im Sommer häufig genug ein.
Ist der Reisende aber begünstigt, dann mag er es wagen, auf den
Wellen der letzten Ausläufer des Golfstromes noch nordwärts von Spitz-
bergen vorzudringen. In günstigen Jahren wird er bis 80, ja 81 Grad
gelangen können, so daß Spitzbergen hinter ihm am südlichen Horizont
verschwindet. Dann aber bietet ihm das Eis ein endgültiges Halt. Erst
in einzelnen Brocken, dann in größeren und größeren Feldern, endlich in
der ununterbrochenen Masse des Packeisrandes sieht er die schimmernde
Eiswelt des höchsten Nordens vor sich. Über diese hinaus dringt der
Tourist nicht mehr vor, und auch der todesmutige Forscher hat bisher
doch nur eine verhältnismäßig kleine Strecke hinein vorstoßen können.
Hier ist die eigentliche Grenze der dem Menschen als Tummelplatz
angewiesenen Erdoberfläche. Wem es aber vergönnt war, an dieser
Schwelle des Unbekannten zu weilen; wer rings um sich auf schwarz-
blauem Wasser in der Mitternachtsonne die tausend und tausend phantastisch
geformten Eisschollen schwimmen sah wie Heere weiß leuchtender Schwäne;
wessen Einbildungskraft tastend und ahnend hinüberflog über die so hart
vor uns liegenden Schranken zu den noch ungelösten Geheimnissen des
höchsten Nordens: der nimmt einen Eindruck mit heimwärts, den seine
Seele nie wieder vergessen kann.
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398 Sa&q&i
Muschel selbst geraten oder innere Schmarotzer, Milben und Algen, von
dem Tiere mit einer allmählich immer stärkeren Schicht der Perlmutter-
substanz, die auch das Innere der Schalen bekleidet, umgeben werden. Je
älter die Muscheln, desto größer und wertvoller daher die Perlen, voraus-
gesetzt, daß Farbe und Glanz gut und rein sind. Die Anzahl der Perlen
in einer Muschel schwankt sehr bedeutend, von einer bis über hundert Stück;
gute, große Perlen finden sich aber nur sehr selten, und oft werden Hunderte
von Muscheln geöffnet, ohne daß selbst eine kleine Perle gefunden wird.
Die Perlenfischer haben also durchaus keinen regelmäßigen Lohn zu
erwarten, bald ernten sie wenig oder gar nichts, bald sehr viel.
Die Hauptfischereien liegen im Persischen Golf, bei Ceylon und an
andern Stellen der Küste Indiens. Von Mai bis September, der besten
Fangzeit, sind Tausende von Booten im Golf von Persien mit dieser
interessanten Fischerei beschäftigt. Jeden Morgen laufen die Boote, die
je nach der Größe eine Besatzung von 8 bis 40 Mann haben, nach den
Muschelbänken aus. Dort angekommen, wird die Tauchermannschaft in
zwei Abteilungen geteilt, in eine, welche taucht, und in die andere, welche
die Taucher an Stricken herauszieht. Die Taucher sind bis auf ein Lenden-
tuch ganz nackt; sie nehmen einen kleinen Korb an den Arm, klemmen sich
ein Stück elastischen Horns auf die Nase, damit sie besser die Luft an-
halten können, und springen ins Wasser. Von Bord des Schiffes hängen
mehrere Leinen herab, an denen große Steine befestigt sind. Der Taucher
stellt sich auf einen solchen Stein, nimmt die Leine in die Hand und gibt
das Zeichen zum Loslassen, worauf er pfeilschnell in die Tiefe gleitet.
Auf dem Grund angekommen, rafft er so viel Muscheln, als er losreißen
kann, in den Korb, rüttelt an der Leine und wird schnell wieder nach
oben gezogen. Sobald er aus dem Wasser emporgetaucht ist, wird ihm
der Korb mit den Muscheln abgenommen, und er hält sich an dem Rand
des Bootes fest, um einige Minuten auszuruhen und dann von neuem sich
in die Tiefe zu stürzen. Das Abreißen der Muscheln muß sehr schnell
geschehen, da der Taucher nicht länger als 50 bis 60 Sekunden unter
Wasser bleiben kann. Gefahren aller Art bedrohen dabei noch den kühnen
Fischer, und häufig ist es vorgekommen, daß die armen Taucher durch
Haifische, Sägefische oder andere Ungeheuer des Meeres schwer verwundet,
ja selbst getötet worden sind.
Großartig und malerisch gestaltet sich die Perlenfischerei an der West-
küste Ceylons, und interessant sind die Schilderungen, die von englischen
Reisenden, die jene Küste besuchen, entworfen werden. Die sonst äußerst
fruchtbare Insel Ceylon hat an der Westküste in der Gegend von Aripo
weit ausgedehnte Küstenstriche, die, vollständig kahl und unfruchtbar, nur
aus Sand bestehen, auf den die indische Sonne ihre glühenden Strahlen
herabsendet; aber gerade in der Nähe dieser heißen, unfruchtbaren Küste
liegen die großen Perlenbänke.
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402
das Jahr 350 v. Chr. das Barbarenland Teutonien, also Deutschland.
An dessen Küsten fand er schon damals den Bernstein. Dieser Grieche
erwähnt besonders die Insel Abalns als Fundort, er fügte feinen Berichten
hinzu, daß die Menschen dort den Bernstein statt Holz zum Brennen
gebrauchten. Ein sehr naheliegender Irrtum; nicht Bernstein wurde als
Brennmaterial gebraucht, sondern es war die ebenfalls an den Strand
gespülte Braunkohle, die überdies nicht selten mit Bernstein zusammen
vorkam. Aber nicht der Seeweg ist der erste gewesen, ans dem die
Teutonen Bernstein an die Völker des Mittelmeeres verhandelten, sondern
es war der Landweg vom Norden nach Massilia. Die genauesten
Kenntnisse iiber die nordische Bernsteinküste hatten die Römer durch ihre
Kriegszüge nach Gallien und Germanien erworben. Die Griechen sowohl
wie die Römer verliehen dem Bernstein seinen Wert; diejenigen, die ihn
fast miihelos am Strande sammelten, wußten ihn nicht zu schätzen. Beiden
Völkern diente der Bernstein zum Schmuck, manch schönes Geschmeide
fand sich in den schätzereichen Gräbern von Mykene, die Schliemann
öffnete. Und Tacitus erzählt uns, daß schön geschnitzte Ringe, fein
gearbeitete Gebrauchsgegenstände aus Bernstein hohen Wert hatten. Eine
kleine Bernsteinbüste galt mehr wie ein ganzer lebendiger Mensch, nämlich
wie ein Sklave. Auch die Kunst, die Farbe des Bernsteins zu verändern,
verstand man schon damals; um sie dunkler zu bekommen, wurde;;
Abkochungen von Alkanawurzel und der Saft der Pnrpurschnecke angewandt.
Ferner bediente sich die Medizin des Bernsteins zu ihren Heilkünsten.
Gegen Magenleiden, Augen- und Ohrenkrankheiten war Bernstein ein
beliebtes Mittel, und als Amulett getragen, schützte er gegen allerlei
Gefahren. So knüpft die Geschichte des Bernsteins nicht nur an die
ersten See- und Entdeckungsreisen auf Erden an, sondern sie zeigt uns
auch die hohe Kultur der Mittelmeerländer, die damals nicht ahnen konnten,
daß dermaleinst die Zenitsonne der Menschheitskultur hoch oben im
Norden, dort in Glossarien, dem Bernsteinlande, aufgehen würde. Die
elektrische Natur des Bernsteins aber hatten die Alten schon damals
richtig erkannt. Sie wußten, daß dieses seltsame Harz gerieben kleine
Gegenstände anzog; deswegen nannten sie es Elektron. Diese physikalische
Eigenschaft des Bernsteins wurde die Grundlage einer Wissenschaft, der
der Mensch seine großartigsten Errungenschaften verdankt. Nahezu zwei
Millionen Jahre lang tropfte das Bernsteinharz im Tertiärwald. Kein
Wunder also, daß in dieser ungeheuren Zeitspanne große Mengen Bernstein
entstehen konnten, so daß noch hentigestages eine ganze Bernstein ver-
arbeitende Industrie besteht. Die Hauptfundstelle dieses Harzes ist das
Samland in Preußen. Hier ruht es in der sogenannten blauen Erde,
woraus es in den Palmnicker Werken bergwerksmüßig zutage gefördert
wird. Die sandigtonige, 1—6 m dicke Schicht der blauen Erde ist das
Sediment eines alten Meeres. Neben Haifischzähnen, Meermuscheln,
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512
Asien, mit dem Europa zufolge seines breiten Landanschlusses im Osten
sowie der bequemen Schiffahrt über das Mittelmeer stets im engsten Bunde
gestanden hat durch Wanderungen der Völker und durch Warenaustausch.
Jeder Hühnerhof stellt eine asiatische Geflügelkolonie dar, innerhalb deren
nicht selten der Pfau eine echt indische Farbenpracht entfaltet. In vor-
oder doch frühgeschichtliche Zeitfernen reicht die Einführung des Weizens
und der Gerste ans Asien, noch während des Altertums folgten Walnuß
und Kastanie, Mandel, Pfirsiche und Aprikose, erst durch Lucullus die
Kirsche. Oberitalien, vormals ein sumpfiges Urwaldgebiet rein europäischer
Baumformen, ward zu einem prangenden Fruchtgefilde, wo hier asiatischer
Reis, dort amerikanischer Mais blüht und ans China gekommene Seiden-
zucht tausend emsige Hände beschäftigt; nur die Weinrebe, die im Poland
so reizend sich von Ulme zu Ulme schlingt, darf als alteuropüisches Eigen-
gut gelten. Der Büffel, so heimisch er sich jetzt in den Donausümpfen
Rumäniens wie in den Morästen am tyrrhenischen Gestade Italiens fühlt,
ist doch erst im frühen Mittelalter durch Nomadenstämme ans Westasien
zu uns gelangt. Das Land, „wo die Zitronen blühn, im dunklen Laub
die Goldorangen glühn", ist Italien noch in Cäsars Tagen nicht gewesen,
ja die Apfelsine, die schon durch ihren Namen „Apfel von Sina" ihre
chinesische Heimat verrät, wurde sogar erst durch die portugiesische Kauf-
fahrtei des 16. Jahrhunderts über Südeuropa ausgebreitet.
26. Deutschlands Meltlage. Von fnedricb Ratfel.
Deutschland. Leipzig 1898. 8. 3 ff. Gekürzt.
3n Europa liegt nördlich - vom 50. Breitengrad eine Gruppe von
Ländern mit vorwiegend germanischer Bevölkerung: Großbritannien,
die skandinavischen Königreiche, die Niederlande; der weitaus größte Teil
von Deutschland gehört zu dieser Gruppe nördlicher germanischer Staaten.
Wie feindlich sich auch Nord- und Südgermanen, Ost- und Westdeutsche
manchmal gegenüber gestanden haben mögen, immer bilden sie eine Familie;
und so wie ihre Völker stammverwandt sind, können wir ihre Staaten
als lageverwandt bezeichnen. Es ist sehr wichtig, daß ebenso die Romanen
und die romanischen Staaten in Europa eine südliche Gruppe bilden, in
der Portugal, Spanien, Italien, der weitaus größte Teil von Frankreich
und Rumänien südlich vom 50. Grad nördlicher Breite liegen. Nur das
halbgermanische Belgien liegt nördlich davon. Und endlich ist es eine
ebenso wichtige Tatsache, die in der Zukunft noch wichtiger werden wird,
daß die Masse der Slawen in Europa östlich vom 17. Grad östlicher
Länge wohnt; von dieser Masse ragen nur die Tschechen in Böhmen wie
ein Keil nach Mitteleuropa herein. Die Deutschen sind also in der
Hauptsache ein Volk des nördlichen und westlichen Mitteleuropas. Durch
die deutsche Geschichte ist oft der Zug zur Losreißung von diesem Grunde
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Extrahierte Personennamen: Mandel Cäsars
Extrahierte Ortsnamen: Asien Europa Asien Oberitalien China Donausümpfen
Rumäniens Italiens Westasien Goldorangen Italien Südeuropa Deutschlands Deutschland Europa Niederlande Deutschland Europa Portugal Spanien Italien Frankreich Belgien Europa Mitteleuropa Mitteleuropas
Die Perlen entstehen dadurch, daß kleine Körnchen, Sand, Steinchen
oder in sehr vielen Füllen kleine Stückchen der Schalen in das Innere der
Muschel selbst geraten oder innere Schmarotzer, Milben und Algen, von
dem Tiere mit einer allmählich immer stärkeren Schicht der Perlmutter-
substanz, die auch das Innere der Schalen bekleidet, umgeben werden. Je
älter die Muscheln, desto größer und wertvoller daher die Perlen, voraus-
gesetzt, daß Farbe und Glanz gut und rein sind. Die Anzahl der Perlen
in einer Muschel schwankt sehr bedeutend, von einer bis über hundert Stück;
gute, große Perlen finden sich aber nur sehr selten, und oft werden Hun-
derte von Muscheln geöffnet, ohne daß selbst eine kleine Perle gefunden
wird. Die Perlenfischer haben also durchaus keinen regelmäßigen Lohn
zu erwarten, bald ernten sie wenig oder gar nichts, bald sehr viel.
Die Hauptfischereien liegen im Persischen Golf, bei Ceylon und an
andern Stellen der Küste Indiens. Von Mai bis September, der besten
Fangzeit, sind Tausende von Booten im Golf von Persien mit dieser
interessanten Fischerei beschäftigt. Jeden Morgen laufen die Boote, die
je nach der Größe eine Besatzung von 8 bis 40 Mann haben, nach den
Muschelbänken aus. Dort angekommen, wird die Tauchermannschaft in
zwei Abteilungen geteilt, in eine, welche taucht, und in die andere, welche
die Taucher an Stricken herauszieht. Die Taucher sind bis auf ein Lenden-
tnch ganz nackt; sie nehmen einen kleinen Korb an den Arm, klemmen sich
ein Stück elastischen Horns auf die Nase, damit sie besser die Luft an-
halten können, und springen ins Wasser. Von Bord des Schisses hängen
mehrere Leinen herab, an denen große Steine befestigt sind. Der Taucher
stellt sich auf einen solchen Stein, nimmt die Leine in die Hand und gibt
das Zeichen zum Loslassen, worauf er pfeilschnell in die Tiefe gleitet.
Auf dem Grund angekommen, rafft er so viel Muscheln, als er losreißen
kann, in den Korb, rüttelt an der Leine und wird schnell wieder nach
oben gezogen. Sobald er aus dem Wasser emporgetaucht ist, wird ihm
der Korb mit den Muscheln abgenommen, und er hält sich an dem Rand
des Bootes fest, um einige Minuten auszuruhen und dann von neuem sich
in die Tiefe zu stürzen. Das Abreißen der Muscheln muß sehr schnell
geschehen, da der Taucher nicht länger als 50 bis 60 Sekunden unter
Wasser bleiben kann. Gefahren aller Art bedrohen dabei noch den kühnen
Fischer, und häufig ist es vorgekommen, daß die armen Taucher durch
Haifische, Sägefische oder andere Ungeheuer des Meeres schwer verwundet,
ja selbst getötet worden sind.
Großartig und malerisch gestaltet sich die Perleufischerei an der West-
küste Ceylons, und interessant sind die Schilderungen, die von englischen
Reisenden, die jene Küste besuchen, entworfen werden. Die sonst äußerst
fruchtbare Insel Ceylon hat an der Westküste in der Gegend von Aripo
weit ausgedehnte Küstenstriche, die, vollständig kahl und unfruchtbar, nur
aus Sand bestehen, auf den die indische Sonne ihre glühenden Strahlen
Porger-Wolfs, Lesebuch für Knaben-Mittelschuleu. V. 34
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mittelländischer Kultur bereits als beliebter Schmuckgegenstaud galt und
von den Alten dem Golde gleich geschätzt wurde, knüpfen sich die
interessantesten geographischen und weltgeschichtlichen Probleme. Auf der
Suche nach diesem Schatz entdeckte der Grieche Pytheas aus Massilia um
das Jahr 330 v. Ch. das Barbarenlaud Teutonien, also Deutschland.
An dessen Küsten fand er schon damals den Bernstein. Dieser Grieche
erwähnt besonders die Insel Abalus als Fundort, er fügte seinen Berichten
hinzu, daß die Menschen dort den Bernstein statt Holz zum Brennen
gebrauchten. Ein sehr naheliegender Irrtum; nicht Bernstein wurde als
Brennmaterial gebraucht, sondern es war die ebenfalls an den Strand
gespülte Braunkohle, die überdies nicht selten mit Bernstein zusammen
vorkam. Aber nicht der Seeweg ist der erste gewesen, ans dem die
Teutonen Bernstein an die Völker des Mittelmeeres verhandelten, sondern
es war der Landweg vom Norden nach Massilia. Die genauesten
Kenntnisse über die nordische Bernsteinküste hatten die Römer durch ihre
Kriegszüge nach Gallien und Germanien erworben. Die Griechen sowohl
wie die Römer verliehen dem Bernstein seinen Wert; diejenigen, die ihn
fast mühelos am Strande sammelten, wußten ihn nicht zu schätzen. Beiden
Völkern diente der Bernstein zum Schmuck, manch schönes Geschmeide
fand sich in den schätzereichen Gräbern von Mykene, die Schliemann
öffnete. Und Tacitns erzählt uns, daß schön geschnitzte Ringe, fein
gearbeitete Gebrauchsgegenstände aus Bernstein hohen Wert hatten. Eine
kleine Bernsteinbüste galt mehr wie ein ganzer lebendiger Mensch, nämlich
wie ein Sklave. Auch die Kunst, die Farbe des Bernsteins zu verändern,
verstand man schon damals; um sie dunkler zu bekommen, wurden
Abkochungen von Alkanawnrzel und der Saft der Pnrpurschnecke angewandt.
Ferner bediente sich die Medizin des Bernsteins zu ihren Heilkünsten.
Gegen Magenleiden, Augen- und Ohrenkrankheiten war Bernstein ein
beliebtes Mittel, und als Amulett getragen, schützte er gegen allerlei
Gefahren. So knüpft die Geschichte des Bernsteins nicht nur an die
ersten See- und Entdeckungsreisen auf Erden an, sondern sie zeigt uns
auch die hohe Kultur der Mittelmeerländer, die damals nicht ahnen konnten,
daß dermaleinst die Zenitsonne der Menschheitskultur hoch oben im
Norden, dort in Glessarien, dem Bernsteinlande, aufgehen würde. Die
elektrische Natur des Bernsteins aber hatten die Alten schon damals
richtig erkannt. Sie wußten, daß dieses seltsame Harz gerieben kleine
Gegenstände anzog; deswegen nannten sie es Elektron. Diese physikalische
Eigenschaft des Bernsteins wurde die Grundlage einer Wissenschaft, der
der Mensch seine großartigsten Errungenschaften verdankt. Nahezu zwei
Millionen Jahre lang tropfte das Bernsteinharz im Tertiärwald. Kein
Wunder also, daß in dieser ungeheuren Zeitspanne große Mengen Bernstein
entstehen konnten, so daß noch heutigestages eine ganze Bernstein ver-
arbeitende Industrie besteht. Die Hauptfundstelle dieses Harzes ist das
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Südländers zusammenschnürt. Alles Leben, das diesen Ort mit der Außen-
welt verbindet, schwimmt auf dem Meere zu ihm. An dem kleinen Hafen
konzentriert sich daher das Interesse der Stadt. Russische Fahrzeuge kommen
in großer Zahl vom Weißen Meere und bringen in der Regel Mehl,
um Stockfische dafür einzutauschen. Trifft aber der Postdampfer oder
eins der vornehmen Tonristenschiffe ein, fo ist das das Hauptereignis
des Tages. Jung und alt versammelt sich am Hafen, und die hübschen
Tochter der Stadt rudern neugierig dem Schiffe entgegen.
Kleine ein- bis zweistöckig gebaute Holzhänschen, die man zum
Aufstellen fertig aus Bergen oder Christiania beziehen kann, bilden die
Straßen; zuweilen sind sie statt mit Schindeln mit einer Erdschicht gedeckt,
auf der ein dichter Grasteppich wuchert. So einfach sie ausschauen, so
verraten doch vielfach die feinen Vorhänge, die spiegelnden Scheiben, die
wertvollen Blumen hinter ihnen, daß in den Zimmern Wohlhabenheit und
Geschmack zu finden ist. Ein starker Bach, der von dem Plateau hinter
der Stadt in felsiger Rinne herniederrauscht, hat die bequeme Gelegenheit
zur Anlage eines Elektrizitätswerkes gegeben, das Wohnungen und Straßen
mit glänzender Beleuchtung versieht; ein Umstand, dessen Bedeutung an
einem Orte auf der Hand liegt, wo dem zweieinhalbmonatigen Mitt-
sommertage natürlich im Winter eine ebenso lange Mittwinternacht entspricht.
Auch Hammerfests kleine graue Häusermasse verschwindet hinter uns
im Labyrinth seiner Felsen; nur noch wenige Stunden Fahrt am brandnng-
umtosten Küstenrande, und der nördlichste Vorsprung unseres Erdteils,
das Nordkap, liegt vor uns. In einer einzigen düstergewaltigen Mauer
steigt das mächtige Vorgebirge beinahe senkrecht ans den Fluten empor
zu einer Höhe von etwa 300 Meter. Wie die äußerste Kaule eines
gigantischen Festnngsbanes drängt es sich in das einsame Eismeer hinaus,
als müßte es ein Bollwerk gegen seine Fluten bilden. Es ist einer der
großen Momente des Lebens, oben auf seiner glatten öden Flüche zu
stehen und den Blick hinausznsenden auf die unendliche, dunkelfarbige
Meerflut, auf der uns kein Gegengestade mehr grüßt, wo keine dauernde
menschliche Wohnstätte mehr liegt, und wo, unsichtbar und doch gefiihlt,
die geheimnisvollen Eisgefilde des Nordpols sich ausdehnen.
Doch das Ende des Erdteils ist keines für unsere Wanderlust.
Weiter nach Norden trägt uns der Kiel unseres Schiffes, der mit ein-
förmigem Rauschen jetzt die Fluten des Eismeeres zerteilt. Hinter uns
versinken die letzten Felsengipfel Norwegens, wir schwimmen auf einem
Meere, das den Menschen nur als flüchtigen Gast während weniger
Sommermonate dnldet. Vögel, wie wir sie noch nicht gesehen, um-
schwärmen unser Schiff in Scharen: der wunderliche Papageientancher
mit seinem übergroßen, gelb und rot gestreiften Schnabel, kleine fette Alke,
die sich flatternden Flügelschlages ans den Wellen erheben, wenn wir
ihnen nahen, und vor allem der Künder des Eises, der Mallemnck oder
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viele Kilometer langen, 20, 30 und mehr Meter hohen grünlich schimmern-
den Wänden brachen diese Eisströme im Meere ab, itnb die Brandung
löste unablässig Schollen von ihnen los, die aufschäumend ins Meer
stürzten, um als schwimmende Eisinseln fortgetrieben zu werden.
Hier und dort öffnen sich tiefe Fjorde in das Innere des Landes.
Läuft das Schiff in diese ein, so umgibt uns die weite, eisstrahlende
Herrlichkeit in einem silberschimmernden Rund, und betreten wir die Küste
dieses herrenlosen Landes und wandern ein wenig landein, so ergreift
uns der seltsame Zauber einer weltabgeschiedenen Einsamkeit mit einer
Macht, wie wir sie in unserem eigenen Erdteil nicht kennen lernen können.
Kein Laut umgibt uns, als vielleicht das ferne Rauschen eines Gletscher-
baches oder das Pfeifen einer Möwe, die ihr Nest zwischen dem moosigen
Geröll hat. Wir fiihlen es, daß der Mensch hier nicht hergehört, daß
sein Reich hier zu Ende ist.
Und doch finden wir heute in Spitzbergen menschliche Wohnungen,
wenn es auch keine dauernden sind. In einer Bucht des Eisfjords, des
größten und schönsten aller spitzbergischen Fjorde, ist seit mehreren Jahren
von einer Dampfergesellschaft eines jener transportablen norwegischen
Häuser erbaut worden, das als eine Art Hotel während des Juli und
August dem Tonristenbesnch offen steht. Je einmal in der Woche trifft
der Dampfer von Hammerfest ein und bringt Lebensmittel und neue
Passagiere herüber.
Nicht immer ist das Wetter so klar, wie ich es jenen ersten Tag
sah; Nebel und Schneestürme fallen auch im Sommer häufig genug ein.
Ist der Reisende aber begünstigt, dann mag er es wagen, auf den
Wellen der letzten Ausläufer des Golfstromes noch nordwärts von Spitz-
bergen vorzudringen. In günstigen Jahren wird er bis 80, ja 81 Grad
gelangen können, so daß Spitzbergen hinter ihm am südlichen Horizont
verschwindet. Dann aber bietet ihm das Eis ein endgültiges Halt. Erst
in einzelnen Brocken, dann in größeren und größeren Feldern, endlich in
der ununterbrochenen Masse des Packeisrandes sieht er die schimmernde
Eiswelt des höchsten Nordens vor sich. Über diese hinaus dringt der
Tourist rückst mehr vor, und auch der todesmutige Forscher hat bisher
doch nur eine verhältnismäßig kleine Strecke hinein vorstoßen können.
Hier ist die eigentliche Grenze der dem Menschen als Tummelplatz
angewiesenen Erdoberfläche. Wem es aber vergönnt war, an dieser
Schwelle des Unbekannten zu weilen; wer rings um sich auf schwarz-
blauem Wasser in der Mitternachtsonne die tausend und tausend phantastisch
geformten Eisschollen schwimmen sah wie Heere weiß leuchtender Schwäne;
wessen Einbildungskraft tastend und ahnend hinüberflog über die so hart
vor uns liegenden Schranken zu den noch ungelösten Geheimnissen des
höchsten Nordens: der nimmt einen Eindruck mit heimwärts, den seine
Seele nie wieder vergessen kann.
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11. Die Juwelen des Meeres. von cudwig staby.
Aus Natur und Leben. Berlin o. J. 8. 157.
on Diamanten und Perlen singt das Volkslied, wenn
es von großem Reichtum und fabelhaften Schätzen
Kunde gibt, und in der Tat können durch keine
anderen Worte die Pracht und der Luxus besfer
wiedergegeben werden; begreift man doch unter Dia-
manten und Perlen funkelnde, blendende, schimmernde
Kleinodien von seltener Schönheit und ungeheurem
Werte, viel edler, herrlicher und kostbarer als Gold und alles Edelmetall.
Wer hätte nicht schon wenigstens in den Schaufenstern der Juweliere
neben den blitzenden, funkelnden Edelsteinen die silberglänzenden, sanftes
Licht ausstrahlenden Perlen bewundert, die Zu prächtigen Schnüren und
Ketten aneinandergereiht sind oder diamantenbesetzte Agraffen und
Diademe krönen.
Woher stammt nun dieser vielbegehrte Schmuck? Seit uralten Zeiten
hat sich die Menschheit mit dieser Frage beschäftigt und die wunderbarsten
Erklärungen ersonnen. Nach der einen Sage sind die Kleinodien Tau-
oder Regentropfen, die in warmen Sommernächten vom Himmel fallen
und, von einer Muschel aufbewahrt, zu Perlen werden; oder es sind,
wie Rückert in einem Gedicht lieblich sagt, Tränentropfen, von Engeln
geweint, die, der Muschel als Schatz anvertraut, in ihrem Schoße zu
Perlen werden. In Wirklichkeit sind sie das Geschenk eines Wassertieres,
und zwar eines sonst wenig von den Menschen beachteten Tieres, einer
trägen Muschel.
Die Hauptlieferantin ist die echte Seeperlmuschel, deren Schalen von
blättrigem Bau bald dick, bald dünner sind und immer einen schönen Perl-
mntterglanz haben. Die Länge der Schalen ist verschieden, sie schwankt
zwischen fünf und zehn Zentimeter.
Die wichtige Muschel ist über einen großen Teil unserer Weltmeere
verbreitet; sie kommt sowohl im Meerbusen von Panama und Mexiko und
an der kalifornischen Küste als auch im Großen Ozean, im Roten Meer,
im Persischen Golf wie an den Küsten der Insel Ceylon vor. Sie lebt
meist in einer Tiefe von 5 bis 20 Meter in größerer Anzahl vereinigt, ans
Bänken steinigen oder korallenen Grundes mit ihren festen Byssusfäden
angeheftet. Bei ihrem großen Verbreitungsgebiete ist es selbstverständlich,
daß sie nicht überall gleich, sondern je nach der Beschaffenheit des Wohn-
gebietes Verschiedenheiten in Farbe, Größe und Dicke ihrer Schalen
zeigt. Allüberall aber wird den Muscheln eifrig nachgestellt, um ihren
kostbaren Inhalt zu gewinnen. Die Perlen sitzen in den Tieren nahe
der inneren Fläche der Schalen oder im Mantel der Muschel selbst, und
zwar sollen in den Muskelteilen des Mantels die besten Perlen sich befinden.
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Panama Mexiko Ceylon